Augenzeugenbericht

Regulierung der mittleren Glonn aus der Sicht eines Augenzeugen aus: 90 Jahre Glonntal Fischereiverein 1889 e. V., 1979

Kaspar Hirner, Vierkirchen, geb. 1895, erlebte die Glonnregulierung als Arbeiter und Betriebsrat. In der Inflationszeit war er bei Lohnverhandlungen dreimal beim Finanzministerium. Von der Glonnregulierung in den Jahren 1919 - 1923 berichtet er Folgendes:

"Durch die vielen kurvenreichen Wasserläufe, bei längerer Regenzeit und hauptsächlich bei der Schneeschmelze gab es immer wieder Hochwasser, die das ganze Tal hinunter überschwemmten. Die Straße von Pasenbach nach Weichs war dann nicht zu begehen oder zu befahren. Hinter der Mühle in Weichs war ständig ein See von etwa 140 Meter im Durchmesser. Im Mülleranwesen in Jedenhofen stand einmal das Vieh bis zu 20 cm im Wasser.

Um die Überschwemmungen zu verhindern und um besseres Futter zu gewinnen, wurde die Glonn reguliert. Man begann damit im Oktober 1919. Es wurden Genossenschaften gegründet. Es waren dies Glonn I in Petershausen, Glonn II von der Eisenbahnbrücke bis Markt Indersdorf und Glonn III von Markt Indersdorf bis Unterweikertshofen.

Durchgeführt wurde die Regulierung durch das Kulturbauamt München. Es waren Notstandsarbeiten, es herrschte ja große Not nach dem Ersten Weltkrieg und die Arbeiter bekamen wieder Verdienstmöglichkeiten. Finanziert wurde sie vom Staat, wobei aber auch die Genossenschaftsmitglieder Raten zu bezahlen hatten.

Zunächst wurde in Markt Indersdorf ein Büro eingerichtet. Der erste Leiter war Bauamtmann Fischer, dann kamen Ingenieur Pohl und Ingenieur Erdmann. Herr Pohl hatte die Bauleitung Glonn III, Herr Erdmann Glonn II. Es kam noch ein Herr Mai, der das Personalbüro führte. In Weichs wurde das Zeichenbüro eingerichtet, und zwar im Benifiziatenhaus hinter dem Pfarrhaus. Am Bahnhof in Markt Indersdorf entstand ein großes Materiallager. Man brauchte verschiedene Materialien: Holz, Stangen, Balken, Bretter, Kohle, Faschinenmaterial. Im Oktober 1919 war Baubeginn.

Als erstes wurden die Schienen für die Rollwagen gelegt. Der erste Bauabschnitt war oberhalb der Engelbrechtsmühle in Richtung Indersdorfer Glonnbrücke, der zweite oberhalb Asbach in Richtung Weichs, der dritte oberhalb Indersdorf in Richtung Arnbach und Erdweg. Relativ einfach war der Brückenbau, da man auf trockenem Gelände wenig Schalung brauchte und der Flusslauf erst später ausgegraben wurde.

Die ersten Arbeiten waren sehr mühsam, da alles mit Schaufeln gearbeitet werden musste. Die Arbeiter kamen von der ganzen Umgebung, von Hilgertshausen, Jetzendorf, Röhrmoos, Schwabhausen und den Glonngemeinden. In den Wintermonaten war dies natürlich sehr beschwerlich, wenn man nicht mit dem Radl anreisen konnte. Gearbeitet wurden 48 Stunden in der Woche. Diese Regelung trat nach dem Ersten Weltkrieg in Kraft, vor dem Krieg musste 50 Stunden gearbeitet werden. Es wurden auch Kantinen aufgestellt, bei Glonn und Asbach, so dass für Mittagessen gesorgt war.

Gearbeitet wurde folgendermaßen: Zwei Mann mussten einen Rollwagen beladen. Dieser lief auf Schienen. Er wurde zum nächsten Graben oder zur alten Glonn geschoben und dort hineingekippt. So wurden alle Gräben aufgefüllt, da ja später für die neue Glonn schnurgerade Kulturgräben angelegt wurden. So wurde bis zum Frühjahr 1920 gearbeitet. Im Frühjahr 1920 wurden Löffelbagger eingesetzt. Jetzt ging es schneller voran.

Die Dampfbagger hatten als Bedienungspersonal einen Baggerführer oder Maschinisten, einen Heizer und einen Wasserträger, meist ein junger Bursche.

Die neue Glonn bekam an der unteren Sohle eine Weite von 10 Meter und oben 13 Meter bei einer Böschungshöhe von 2,50 Meter. Der Bagger konnte eine Böschungsseite gleich schräg anlegen und man brauchte an der Gegenseite nur das Erdreich hinunterzustoßen und abzuschrägen. Der Bagger lief auf etwa 20 Meter langen Schienen langsam hin und her und kippte die Erde in die Rollwagen. So ging dies an allen drei Baustellen.

Die neue Glonn wurde ziemlich in die Mitte des Glonntales gelegt, so dass sie ganz frisch durch die Wiesen lief. Zum Baggerbetrieb gehörten 30 Mann. War ein Teilstück von 20 Metern fertig, wurden die Gleise neu verlegt. Anschließend kamen die Nacharbeiten: Die Böschungen mussten mit eigenen Böschungsschaufeln sauber abgeschrägt werden. Dann kamen die Faschinenarbeiter. Sie legten 10 bis 20 Meter lange Weidenfaschinen an die Sohle der Böschung links und rechts. Sie wurden mit Holzpflöcken befestigt. Die Faschinen wurden aus Weidenästen hergestellt, die man von den Isarauen geholt hatte. Sie wurden an der Baustelle mit Draht zusammengebunden. Zum Schluss kamen die Rasenleger. Die Rasenstücke mit einer Seitenlänge von 30 cm im Quadrat wurden seitlich abgestochen und an der neuen Böschung der Glonn angesetzt. Zu diesen Arbeiten benötigte man ca. 50 Mann. Nun war das Flussbett fertig.

Die neuen Glonnbrücken wurden von der Firma Weitmann gebaut, und zwar schon vor der Ausbaggerung. Auch die Wasserwehre konnte man schon vorher betonieren. Die Mühlkanäle kamen erst an die Reihe, als das Wasser schon die neue Glonn hinunterlief, denn die Mühlen bekamen alle Wasserturbinen. Die unterschlächtigen Wasserräder kamen weg, und es mussten die neuen Fundamente betoniert werden. Es waren dies die Mühlen Asbach und Weichs. Die Engelbrechtsmühle wurde stillgelegt und rausgekauft. Dann kam Glonn. Die Steigermühle wurde abgebrochen (wo die Steigervilla steht). Die Untermoosmühle wurde ausgebaut, ebenso Arnbach und Erdweg.

Im Abschnitt Weichs von der Glonnbrücke flussabwärts wurde eine kleine Dampflok eingesetzt. Zuerst musste der kleine See mit Ausnahme des Mühlbaches zugeschüttet werden. Anschließend wurde die heutige Straße aufgefüllt. Aber es war nicht möglich, die Rollwagen mit Menschenkraft hinaufzuschieben und man versuchte es mit der Dampflok. Doch diese war zu schwer. Sie fiel um. Zum Glück passierte dem Lokführer nichts. Er kam noch heil heraus. Dann versuchte man es mit einer Benzinlok. Auch diese war zu schwer. Das Erdreich war zu weich und auch sie wäre beinahe umgekippt. Man lieferte eine leichte Benzinlokomotive. Mit dieser konnte man es schaffen und so wurde dieses Teilstück 1923 fertig. Jetzt konnten an den Mühlen die Turbinen eingesetzt werden.

Nun kam das letzte Teilstück von der Asbacher Brücke bis zur Eisenbahnbrücke Petershausen an die Reihe. Es war im September 1923 fertig. Nur bei Erdweg gab es noch Ausbesserungsarbeiten bis Novemer 1923, dann waren die Arbeiten in diesem Glonnabschnitt endgültig abgeschlossen.

Zur Situation der Arbeiter ist noch zu bemerken: Als die Baggerarbeiten begannen, brauchte man mehr Arbeitskräfte. Sie kamen aus München, Dachau und bis von Ingolstadt. Es wurden Schlafbaracken aufgestellt, bei Asbach und Arnbach und beim Steiger in Indersdorf ein Schlafsaal. Die meisten Arbeiter kamen aus München und Dachau. Ein Verweigern gab es nicht. Wer die Arbeit nicht annahm, dem wurde das Arbeitslosengeld gesperrt. So waren die verschiedensten Berufe vertreten. Es wurden keine Ausnahmen gemacht. Für die Münchner und Dachauer fuhr eigens ein Arbeiterzug nach Petershausen. In Esterhofen stieg alles aus. Die Münchner hatten es trotzdem nicht leicht, denn der Zug ging bereits um sechs Uhr früh ab und mancher musste, wenn er weit vom Hauptbahnhof wohnte, früh aus den Federn, weil die Trambahn erst um sechs Uhr losfuhr. Abends um sechs Uhr ging der Zug zurück nach München. So hatte mancher einen langen Arbeitstag von 14 Stunden und mehr.

Die Glonnregulierung wurde mit Inflationsgeld bezahlt. 1919 zahlte man einen Stundenlohn von 1,30 Mark. Bis 1920 stieg er auf 3,- Mark und kletterte bis 1922 auf 60,- bis 70,- Mark. 1922 wurden anfangs 200,- Mark gezahlt und dann ging es Schlag auf Schlag. Für ein Mittagessen zahlte man 200 000,- Mark. Bis Ende September stieg der Stundenlohn in Millionen und Billionen. Ab Oktober kam die Rentenmark. Die ersten zwei Wochen wurden in Dollar ausbezahlt. In der dritten Woche bekamen wir die Rentenmark. Sieben Rentenmark in der Woche - zum Leben zu wenig, zum Verhungern zu viel. Allerdings wurde bald ein Zahlungsausgleich geschaffen, so dass dann der Lohn in der Woche 25 Rentenmark ausmachte.

Das waren Zeiten mit Millionen und Billionen. Jeden Tag waren die Waren um Millionen teurer und die Preise kletterten in die Billionen hinauf. Man wusste nicht, wie man sich durch das Leben schlagen sollte. Für einen Wochenlohn kaufte ich vier Pfund Brot, drei Pfund Voressen und zwei Pfund Rindfleisch. Der Wochenlohn war damit weg."

Soweit der Bericht.

Abschlussbericht der Glonnregulierung

Nach Abschluss der Regulierungsarbeiten erschien ein Erinnerungsalbum mit Fotografien, das den Sinn und die dringende Notwendigkeit der Baumaßnahmen aufzeigen sollte.

Ein daraus entnommener Text:

Die Glonn, ein linker Nebenfluss der Amper, hat ihren Ursprung bei Mittelstetten in der Nähe von Mering, Bezirksamt Friedberg, und ihre Mündung bei Allershausen, Bezirksamt Freising.

Die Regulierung der Glonn und die durchgreifende Entwässerung des Glonntales wurde schon im vorigen Jahrhundert angestrebt; alle diesbezüglichen Teilversuche blieben jedoch erfolglos. Erst der Weltkrieg mit seinen Ernährungsschwierigkeiten und die unablässige Aufklärungsarbeit des Kulturbauamtes München im Verein mit einsichtigen Landwirten ließen das große Werk zur Reife gedeihen.

Die Glonnregulierung bezweckte den Schutz vor der ständigen Hochwasser- und Überschwemmungsgefahr und die Beseitigung der weitreichenden Versumpfung des Geländes durch Absenkung des Grundwasserspiegels, wodurch die Vorbedingungen für eine geordnete Wiesen- und Viehwirtschaft geschaffen wurden. Außerdem bot das Unternehmen reichliche Arbeitsgelegenheit für Erwerbslose.

Die Durchführung des Unternehmens erfolgte im Rahmen von 4 öffentlichen Wassergenossenschaften und zwar reichte

Glonn I                     von Allershausen bis Petershausen;
Glonn II                    von Petershausen bis Markt Indersdorf;
Glonn III/IIIa              von Markt Indersdorf bis Erdweg,
                            bzw. von Erdweg bis Unterweikertshofen;
Glonn IV/V                  von Unterweikertshofen bis Odelzhausen,
                            bzw. von Odelzhausen bis Egenburg.

Die technische Oberleitung des ganzen Unternehmens lag in den Händen des Amtsvorstandes des Kulturbauamtes München, Oberregierungsbaurat Bischoff; mit der Finanzierung war bis Ende August 1921 der damalige Bauamtmann Popp und dann Regierungsbaurat 1. Klasse Stadlinger befasst, mit der örtlichen Bauleitung waren beauftragt für

Glonn I                     Bauamtmann Steinlein
Glonn II,III/IIIa           Bauamtmann Fischer
Glonn IV/V                  Oberbauverwalter Kürzeder.

Die wasserpolizeiliche Instruktion lag bei den Bezirksämtern Freising, Dachau und Friedberg.

Die regulierte Flussstrecke umfasst 45 km; die Triebwerkskanäle sind 9 km lang; die gesamte Regulierungsstrecke von 54 km entspricht der Länge des Kanales der Mittleren Isar A.G. oder der Eisenbahnentfernung München - Moosburg. Außerdem wurden noch rund 70 km Entwässerungskanäle angelegt. Die notwendige Erdbewegung belief sich auf über 2.000.000 cbm.

An Kunstbauten kamen 52 Brücken und Stege mit Spannweiten von 8 - 29 m zur Ausführung; dazu wurden 14 Triebwerke und ebenso viele Flutwehre umgebaut. Die Wasserkraft der einzelnen Triebwerke schwankt zwischen 20 und 50 PS. 4 Triebwerke wurden aufgekauft und aufgelassen.

Die Erdarbeiten erfolgten im Eigenbetrieb mit 15 Baggern und dem entsprechenden Transportgerät. Die Kunstbauten waren, soweit sie nicht im Eigenbetrieb erstellt wurden, an folgende Unternehmerfirmen vergeben: J.A. Weitmann & Co. - München, Thormann & Stiefel A.G. - Augsburg; A.G. für Hoch- und Tiefbau - München; J. Filser A.G. - Augsburg; Brunetti - Odelzhausen.

Das Unternehmen erforderte 1.400.000 Arbeitstagschichten, die zum allergrößten Teil von Erwerbslosen geleistet wurden. Im Höchstbetrieb (nach der Hochwasserkatastrophe im September 1920) waren 1500 Erwerbslose beschäftigt.

Die einzelnen Genossenschaften schlossen sich in der Inflationszeit zu einem Zweckverband - Vereinigte Glonnregulierung - zusammen und ermöglichten so dank der reichlichen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln die glückliche Vollendung und künftig gemeinsame Instandhaltung des großen Kulturwerkes.

Das Hochwasserjahr 1924 hat den durchschlagenden Erfolg deutlich gezeigt; eine ausgezeichnete Ernte sowohl der Menge als auch der Güte nach konnten heimgebracht werden. Zweifellos wäre ohne Regulierung die gesamte Heu- und Grummeternte vernichtet und viele Ortschaften von Hochwasser heimgesucht worden. Zugleich ist ein erfreulicher Aufschwung in der Viehhaltung und Viehzucht fast überall festzustellen. Mit der Vollendung des Unternehmens sind die früher so gefürchtete und die Aufzucht gefährdende Leberegelseuche der Rinder und Schafe und die Leberkrankheit der Pferde mit einem Schlag so gut wie verschwunden.

Zeitungsbericht

Das Kulturbauamt München hat mehreren Pressevertretern, darunter auch unserer Schriftleitung, Gelegenheit gegeben, am letzten Dienstag, den 21. Juni 1921, die interessanten Arbeiten der Glonnregulierung zu besichtigen. Die Herren Bauamtmann Fischer, Markt Indersdorf, und Bauamtmann Steinlein, Hohenkammer, hatten in liebenswürdiger Weise die Führung übernommen. Unter ihrer sachkundigen Leitung war es uns Vertretern der Presse trotz des strömenden Regens möglich, uns von dem Stand der Arbeiten ein gutes Bild zu machen. Man kann ruhig sagen, ohne eine Lobeshymne anzustimmen, dass die beiden Herren Bauamtmänner Fischer und Steinlein mit ihrem Organisationstalent, ihrem unermüdlichen Eifer und Fleiß, ihrer Energie und Tatkraft und ihrer umsichtigen, technischen Leitung ein Werk schaffen und zum Teil schon geschaffen haben, das man ruhig als ein Kulturwerk ersten Ranges betrachten darf. In dem was wir selbst gesehen haben, ein Bild der Glonnregulierung unter besonderer Berücksichtigung des gegenwärtigen Standes der Arbeiten, zu entwerfen.

Die Schriftleitung

Abseits vom großen Verkehr liegt das breite, von seitlichen Höhen umsäumte Glonntal, das von den langsam dahin fließenden Wassern der Glonn durchzogen wird. Die Quellbäche der Glonn liegen in der Nähe von Mering; nach einem 50 Kilometer langen, vielfach geschlängelten Laufe mündet die Glonn bei Allershausen in die Amper. In dem ursprünglichen Zustande war der Wasserspiegel der Glonn durch die zahlreichen Triebwerke sehr hoch gestaut. Die Folge davon war eine tiefgreifende Versumpfung des ganzen Talbodens, der nach Menge und Güte sehr schlechte Heu- und Grummeternten lieferte. Hand in Hand ging damit eine große Hochwassergefahr und mancher Landwirt weiß davon zu erzählen, wie fast jedes Jahr eine, oft sogar beide Ernten auf den nassen Wiesen durch unzeitige Überschwemmungen vollständig vernichtet wurden.

Hier konnte nur Abhilfe durch eine großzügig durchgeführte Regulierungs- und Entwässerungsarbeit geleistet werden. Dem Kulturbauamt München, an der Spitze dem Herrn Oberregierungsbaurat Bischoff, ist es zu danken, dass die Arbeiten schon im Jahre 1916 im oberen Teile begonnen wurden. Mit Kriegsende galt es für eine große Anzahl Erwerbsloser Arbeit zu schaffen. Zu diesem Zwecke wurden im Glonntal fünf öffentliche Wassergenossenschaften gegründet und zwar die 1. für den Abschnitt Allershausen-Petershausen, die 2. für die Strecke Petershausen-Indersdorf, die 3. für den Abschnitt Indersdorf-Erdweg, die 4. für den Teil Unterweikertshofen-Taxa, die 5. für die Gegend Taxa-Egenburg.

Die Abteilung 1 liegt zum größten Teil im Bezirksamt Freising, die Abteilungen 2 und 3 sind ganz im Bezirksamt Dachau, während die Abteilungen 4 und 5 in die Bezirksämter Dachau, Friedberg und Fürstenfeldbruck hineinragen. Der oberste Teil von Taxa bis Egenburg wurde unter Leitung des Herrn Oberbauverwalters Kürzeder bereits fertiggestellt; die Arbeiten von Unterweikertshofen bis Taxa sollen in einigen Monaten vollendet sein. Unsere Besichtigungsfahrt begann bei der Bauabteilung 3 und so wollen wir mit ihr auch unsere Schilderung der Arbeiten beginnen. In der Bauabteilung 3 von Indersdorf bis Erdweg herrscht noch reges Leben. Sie erstreckt sich von der Distriktstraßenbrücke bei Indersdorf bis zur Eisenbahn bei Erdweg und ist rund 10 Kilometer lang. In das Unternehmen sind etwa 485 Hektar = 1450 Tagwerk einbezogen, die sich aus 1230 einzelnen Plannummern zusammensetzen und 340 Grundstücksbesitzern gehören.

Die Bauleitung in dieser Abteilung hat Herr Bauamtmann Fischer, dem das entsprechende Aufsichtspersonal zugeteilt ist. Die Erdarbeiten wurden im Februar 1920 bei Untermoosmühle und Arnbach begonnen und sind etwa zur Hälfte fertig gestellt. Zur Zeit sind 4 Trockenbagger in Betrieb mit einer Tagesleistung von etwa 700 bis 800 Kubikmeter Erdaushub. An Kunstbauten sind bis jetzt fertig eine Betonbrücke an dem Ortsverbindungsweg Obermoosmühle-Albersbach und eine sehr schöne Holzbrücke bei Hörgensbach. Zur Zeit sind die sehr interessanten Umbau- und Absenkungsarbeiten bei der Mühle in Arnbach und bei der Untermoosmühle in Gang, welche in etwa 2 Monaten beendet sein werden. Bei der Untermoosmühle wird soeben auch an den Fundierungsarbeiten für den Wehrbau gearbeitet. Bei Indersdorf sieht man die Herstellung des Lehrgerüstes für eine Betonbogenbrücke, deren architektonische Ausgestaltung von Herrn Architekt Bauamtmann Gablonsth in München stammt, der dem Kulturbauamt München auch für die übrigen neuen Brücken bei der Glonnregulierung hinsichtlich der Einpassung ins Landschaftsbild und der äußeren Formgebung fachmännischer Berater war. Besonders reizvoll dürfte die Glonnbrücke bei Markt Indersdorf werden, die auch mit einem kleinen Kapellchen geschmückt werden wird, wofür sich ein edler Spender gefunden hat.

Die Erdarbeiten an der Glonn und den seitlichen Entwässerungsgräben werden im kommenden Frühjahr voraussichtlich beendet sein. Das Bachbett der Glonn wird etwa 2 bis 2 ½ Meter tief sein und erhält an der Sohle eine Breite von 10 bis 12 Meter; die seitlichen Entwässerungsgräben sind etwas 1,20 bis 1,50 Meter tief bei einer Sohlenbreite von ½ bis 1,5 Meter.

Die bisherigen Kosten belaufen sich in dieser Abteilung auf etwa 4 ½ Millionen Mark. Beschäftigt sind zur Zeit über 300 Arbeiter, die als Erwerbslose durch die Arbeitsämter Dachau, München, Aichach und Schrobenhausen vermittelt wurden. Für Arbeitslöhne werden wöchentlich rund 55 bis 60.000 Mark ausbezahlt. Soweit die Arbeiter nicht zu ihren Familien zurückkehren, stehen zu ihrer Unterkunft 2 einfache Wohnbaracken und ein Schlafsaal zur Verfügung, wo selbst die Leute kostenlos untergebracht werden.


Die Bauabteilung 2 erstreckt sich von der Eisenbahnbrücke bei Petershausen bis zur Glonnbrücke bei Indersdorf und hat eine Länge von etwa 12 Kilometer. Das Unternehmen umfasst eine Fläche von 545 Hektar = 1630 Tagwerk, die sich auf rund 1300 Plannummern und etwa 350 Grundstücksbesitzer verteilen.

Die Bauleitung in dieser Abteilung hat ebenfalls Herr Bauamtmann Fischer, der von dem zugeteilten Aufsichtspersonal entsprechend unterstützt wird. Mit den Arbeiten wurde im Handbetrieb am 1. Februar 1919 bei Asbach begonnen; am 1. August des gleichen Jahres wurde dort der 1. Bagger in Betrieb genommen. Am 1. Oktober des gleichen Jahres wurde nach Überwindung mancher Schwierigkeiten ein weiterer Baubetrieb bei Engelbrechtsmühle eröffnet, der mit den Erdarbeiten soweit gefördert wurde, dass die 2 Bagger am 1. Januar 1921 nach Weichs überstellt und ein neuer Baubetrieb dort eingerichtet werden konnte.

Zur Zeit sind 5 Trockenbagger in Betrieb, die täglich etwa 1000 Kubikmeter Erdmaterial ausheben, das im Maschinen- und Handbetrieb auf die Materialablagerungsplätze transportiert wird. Mit Hilfe der Bagger konnte die Arbeit beschleunigt werden, dass heute etwa ¾ der Arbeiten bewältigt sind. Fertig ist der Aushub der Glonn von Asbach bis beinahe nach Weichs, ferner der Hochwasserkanal des Hohenkammer’schen Triebwerkes in Glonn. Falls nicht andere Ereignisse eintreten, werden die Erdarbeiten in der Hauptsache im heurigen Jahre beendet werden. An Kunstbauten wurden bis jetzt 4 massige Eisenbetonbrücken erbaut, die sich gefällig ins Landschaftsbild einpassen. Auch der Umbau des Hohenesterschen Triebwerkes in Glonn ist vollendet. Die Ausbaggerung des Unterwasserkanals für das genannte Triebwerk wird in etwa 14 Tagen vollendet sein und das Triebwerk erhält dann wieder das Wasser auf die neu eingebauten Turbinen zugeleitet. Der Wehrbau bei Glonn-Indersdorf wird in etwa 14 Tagen in Angriff genommen, während die Absenkung der Mühle in Weichs samt Wehrbau im Laufe des Sommers gemacht wird. Die Kunstbauten für die Absenkung der Mühle in Asbach dürften sich noch auf das kommende Jahr erstrecken.

Bei dem Unternehmen sind zur Zeit etwa 80 Arbeiter beschäftigt, die durch Vermittlung der zuständigen Arbeitsämter eingestellt wurden. Für diese Arbeiter zahlt die Bauleitung in jeder Woche an Löhnen etwa 70 - 75.000 Mark aus. Die Unterbringung der Arbeiter geschieht, sofern sie nicht zu ihren Familien zurückkehren, in einer Unterkunftsbaracke und in Privatquartieren. Eine große Anzahl der in Dachau und München wohnhaften Arbeiter werden täglich mit dem Arbeitersonderzug abends zu ihren Familien zurückbefördert. Der genannte Zug wurde anfangs durch den Bezirk eingerichtet, war jedoch anfang Mai 1921 der Einstellung nahe. Durch das Eingreifen von Herrn Bauamtmann Fischer ist es gelungen, dank des Entgegenkommens des Ministeriums für soziale Fürsorge und der Erwerbslosenfürsorgestellen in München und Dachau sowie des Verkehrsamtes der Reichsbahnverwaltung in München, den Zug bis auf weiteres verkehren lassen zu können. Die bisherigen Kosten in dieser Abteilung belaufen sich auf etwa 8 Millionen Mark.

Den Abschluss der Besichtigungsfahrt bildete die Bauabteilung 1 Allershausen-Petershausen. Die Glonn durchfließt auch hier ein von tertiärem Hügelland umgebenes, und von Natur aus fruchtbares Tal. Die Untergrundverhältnisse sind außerordentlich verschieden. Wie von der Quelle bis westlich Petershausen, so findet man auch in der Bauabteilung 1 zahlreiche Mooreinlagerungen von ganz ansehnlicher Mächtigkeit, die meistens auf Lehm und Kies aufgelagert sind.

Östlich von Petershausen bis zur Mündung in die Amper bei Allershausen folgt auf eine mächtige Humusschicht lehmiger Sand und Kies. Das ganze Tal leidet fast durchwegs an starker Versumpfung, verursacht durch die zahlreichen Mühl- und Triebwerksanlagen, die in steter, fast ununterbrochener Staufolge sich aneinanderreihen. Die bestehenden Stauanlagen hielten den Glonnwasserspiegel dauernd nahezu auf Geländehöhe, so dass den anliegenden Talgründen jede Vorflut für die notwendige Entwässerung genommen war. Auch waren die Abflussverhältnisse der alten Wehr- und Mühlanlagen und des vollkommen verwachsenen Glonnbettes für die Hochwasser ungenügend, so dass schon bei Einritt kleiner Hochwasser die Talgründe in schädigender Weise überflutet wurden. Wo es üppige Wiesen, reiche und sichere Futtererträge geben sollte, sah man versumpfte und versäuerte Talflächen, deren Erträge noch dazu oftmals durch plötzlich während der Ernte auftretende Hochwässer mit fortgeführt wurden.

Die zahlreichen Überflutungen führten, wie an den anderen Glonnabschnitten, nicht nur zu einer sehr lästigen Unsicherheit in der Bewirtschaftung der Grundstücke, sondern machten auch jede Düngung unwirksam, da die Nährstoffe ausgelaugt und abgeschwemmt wurden. Saures und für die Tiere ungesundes Futter war der Ertrag ausgedehnter Wiesenflächen.

Ganz besonders ist hier im Glonntal die gefürchtete Leberegelkrankheit unter den Pferden verbreitet, und die Aufzucht der Kälber begegnet in vielen Gemeinden Schwierigkeiten aus Mangel an geeignetem Süßfutter. Wenn man weiter bedenkt, dass die Wiesen des Glonntales die einzigen Futtererzeugungsplätze der Landwirte bilden, so kann man es begreiflich finden, dass bei den Beteiligten der Wunsch laut wurde, die unhaltbaren Zustände durch die Regulierung der Glonn zu beseitigen.

Den Entwurf zu diesem Projekt erstellte im Jahre 1918 das Kulturbauamt München. Bei der Ausarbeitung desselben waren zwei Gesichtspunkte maßgebend:

Unschädliche Ableitung der während der Vegetationszeit häufig auftretenden Sommerhochwasser, Schaffung einer entsprechenden Vorflut zur Entwässerung der anliegenden Talgründe.

Die unschädliche Ableitung der Hochwasser wird einerseits durch Vertiefung und Verbreitung des Glonnbettes, andererseits durch die damit zusammenhängenden Neubauten entsprechender Wehre erreicht. Durch den Umbau und die Absenkung der Mühlen um durchschnittlich 90 Zentimeter sowie durch die Anlage von Flutkanälen wird die Vorflut für die beiderseits des Flusslaufes liegenden Talgründe geschaffen.

Die Gründung der Wassergenossenschaft erfolgte im Oktober 1918. Mit dem eigentlichen Baubetrieb selbst wurde im November desselben Jahres begonnen. An dieser Stelle muss insbesondere hervorgehoben werden, dass der Staat es war, der es ermöglichte, das Unternehmen nach dem Kriege fortzuführen, als sich unsere Verhältnisse bis zum Ruin verschlechtert hatten. Maßgebend hierfür waren die Erlasse der Staatsregierung, wonach fünfsechstel der sogenannten Überteuerung von Reich und Staat getragen wurden. Das verbleibende Einsechstel wurde vom Kreis übernommen, so dass für die Genossenschaft nur die sogenannten Normalkosten (Friedenskosten + 40 %) verblieben.
Das Unternehmen ist dem Charakter nach in allererster Linie Notstandsunternehmen. Durch Beginn der Arbeiten an mehreren Stellen sollten möglichst viele Erwerbslose aus Erwerbslosenzentren beschäftigt werden. Augenblicklich sind 700 Erwerbslose aus den Städten München, Freising, Dachau, Pfaffenhofen, Wolnzach beschäftigt.

Landwirtschaftliche Arbeiter werden nicht beschäftigt, mit Ausnahme eines kleinen Hochwassertrupps in Stärke von 15 Mann. Bei Bildung dieses Hochwassertrupps musste man auf einheimische Arbeiter zurückgreifen, weil diese jederzeit, insbesondere an Sonn- und Feiertagen, an denen die Baustellen von sämtlichen Arbeitern, die ausnahmslos auswärts wohnen, verlassen sind, im Fall der Gefahr zur Hand sein müssen. Für die Unterkunft der Arbeiter aus den Städten sind 3 Holzbaracken mit Betten, elektrischem Licht und Wasserleitung, außerdem ein Schlafsaal in Hohenkammer bereit gestellt. Zur Zeit wird auf einer Strecke von acht Kilometer Länge an 7 Stellen gearbeitet. An Maschinen stehen zur Zeit in Betrieb: sechs Trockenbagger mit einer durchschnittlichen Tagesleistung von 1600 Kubikmeter, 4 Lokomobilen zur Wasserhaltung, 4 Lokomotiven zum Abtransport des gewonnenen Erdmaterials und 2 Dampframmen zum Schlagen von Spundwänden.

Über die bisher geleistete Arbeit mögen nachstehende Zahlen ein Bild geben.

Bis heute wurden geleistet:

  • 480.000 Kubikmeter Erdaushub
  • 152.000 Quadratmeter Rasenarbeit
  • 36 Kilometer Böschungssicherung

Die Ausmaße der regulierten Glonn sind:

  • 20 Meter Hohlbreite im Unterlauf bei Allershausen und
  • 15 Meter Hohlbreite aufwärts bis Petershausen,
  • bei einer durchschnittlichen mittleren Tiefe von drei Metern.

An Kunstbauten wurden erstellt:

  • 5 selbständige Klappenwehren
  • 4 Brücken über die Glonn mit durchschnittl. 25 Meter Spannweite
  • 8 Mühlbachbrücken 7 - 10 Meter Spannweite
  • 6 Mühlenumbauten und
  • 60 Rohrdurchlässe.
Die Entwurfskosten beliefen sich gemäß des Kostenvoranschlages im Jahre 1918 auf 1,8 Mio. Mark. Infolge der gewaltigen Preissteigerung aller Baumaterialien betragen heute die Kosten abzüglich des Inventarwertes rund 25 Mio. Mark. In dieser Summe sind die Kosten in Höhe von 5 Mio. Mark für die Ausbesserung der großen Schäden des Hochwassers im Dezember 1919 und der Hochwasserkatastrophe vom 6. und 7. September 1920, der neben anderen Beschädigungen eine Brücke und ein Wehr zum Opfer fielen, mit enthalten. Aktiv beteiligt am Unternehmen sind 370 Grundbesitzer mit insgesamt 2200 Tagwerk, die in 1420 Parzellen zerfallen.

Von den Gesamtkosten von rund 25 Millionen Mark sind etwa 10 Millionen Mark auf Einsparung an produktiver Erwerbslosenfürsorge, 10 Millionen Mark auf Mehrertrag aus den Talgründen (volkswirtschaftlich umgerechnet) und 5 Millionen Mark auf Brücken, Mühlen und allgemeine Wirtschaftsverbesserungen zu nehmen.

Der Erhaltung des Landschaftsbildes wird auch in diesem Abschnitt ein besonderes Augenmerk zugerichtet. Die architektonische Ausgestaltung der Kunstbauten liegt auch hier in den Händen des Architekten und Bauamtmanns Herrn Gablonsth vom Landbauamt München. Die Gesamtleitung dieser Bauabteilung liegt in den bewährten Händen des Herrn Bauamtmannes Steinlein, welcher unterstützt von seinen Angestellten und dem Aufsichtspersonal die umfangreichen Arbeiten zur Durchführung bringt.


Zum Schlusse noch ein paar Bemerkungen allgemeiner Natur.

Die Entwurfskosten für alle 5 Abteilungen beliefen sich nach Kostenanschlägen der Jahre 1916 bis 1918 auf rund 5 Millionen Mark. Unter den seit Aufstellung der Entwürfe gänzlich geänderten Verhältnisse werden sich die Regulierungskosten auf etwa 52 Millionen stellen. Darin sind die Kosten für die Ausbesserung der Hochwasserschäden vom Dezember 1919 und der Hochwasserkatastrophe vom 6. und 7. September 1920 mit zirka 5 Millionen enthalten. Die Gesamtkosten betragen hiernach das 9 ½fache der Voranschlagskosten von 1916 bis 1918. Beachtenswert ist, dass alle Glonnunternehmungen im Kriege begonnen und nach dem Kriege fortgeführt wurden aufgrund der Erlasse der Staatsregierung, wonach Fünfsechstel der sogenannten Überteuerung von Reich und Staat getragen werden. Der Kreis Oberbayern hatte außerdem zugesagt, dass er das letzte Sechstel der Überteuerung tragen werde, so dass für die Genossenschaften nur die sog. Normalkosten verblieben.

Die Unternehmungen sind als Notstandsunternehmungen zu betrachten. Es sollten durch den Beginn der Arbeiten an möglichst vielen Stellen viele Erwerbslose Beschäftigung finden können. Augenblicklich sind etwa 1500 Leute in allen Abteilungen zusammen beschäftigt.

Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des großen Kulturwerkes muss der doppelte Zweck des Unternehmens in Betracht gezogen werden:

die Verbesserung und Mehrung der landwirtschaftlichen Produktion und damit die Hebung unserer Milch- und Viehwirtschaft und die Beschäftigung zahlreicher Erwerbsloser auf dem Lande, wodurch die überfüllten Städte nach vielen Richtungen hin bedeutend entlastet werden. Die Erwerbslosigkeit ist eine düstere Krankheitserscheinung unserer Zeit. Die Reichs- und Staatsbehörden haben nach dem verlorenen Kriege bald erkannt, dass den Brotlosen mit der Erwerbslosenunterstützung allein nicht gedient ist und sind deswegen bald zur sogenannten produktiven Erwerbslosenfürsorge übergegangen. Wer heute in das schöne Glonntal kommt, freut sich, dass die Leute fast durchwegs wieder freudig schaffen und wieder anfangen, fern vom Großstadtleben an Körper und Geist zu gesunden.

Das bisher so reizvolle landwirtschaftliche Bild im ganzen Glonntal hat durch die Regulierungsarbeiten und die Kunstbauten in keiner Weise gelitten, wenn auch manchmal mit etwas kräftiger Hand in den bisherigen stark gekrümmten Lauf eingegriffen werden musste. Allzulange gerade Linien sind tunlichst vermieden worden und auch die Kunstbauten passen sich gut der Landschaft und der heimischen Bauweise an.

Dort, wo die Regulierungsarbeiten schon fertig gestellt sind, lässt sich auch ohne Zweifel die günstige Einwirkung auf das Wachstum der Wiesen beobachten, die heuer schon ein saftiges und kraftvolles Futter geliefert haben.

Vom Standpunkt aller Volkskreise aus verdienen daher gerade die Kulturunternehmungen als Grundlage für die Ernährungsverhältnisse allgemein hohe Beachtung und es möchte hier noch der Wunsch angefügt werden, dass insbesondere auch fernerhin die Staatsregierung und die anderen beteiligten Stellen der Glonnregulierung jenes Wohlwollen entgegen bringen, das sie im Interesse der Allgemeinheit verdient; denn der Boden ist das Vaterland! Jenen verbessern, heisst diesem dienen!

M. G.

Mehrere Zeitungsberichte aus dem Amperboten erschienen im Juli 1921

Gedicht: Es war einmal... Die alte Glonn

Denk ich zurück an längst vergang´ne Zeit,
so tut es mir in meiner Seele heut´ noch leid,
um die alten Eschen, Ulmen und den and´ren Bäumen,
die jetzt nicht mehr - wie einst - so schöne Ufer säumen.

Auch die tiefen mir so vertrauten Gumpen,
sind damals allerseits verschwunden.
Mit ihnen die vielen Barben, Krebse - fast uralt an Jahren,
die darin so oft zu sehen waren.

Zuerst kamen die Geometer,
die Herren, ja die kennt a jeder.
Ich werd´ es nie vergess´n
wie sie das schöne Glonntal ham vermess´n.

Ich kann´s noch alle vor mir sehn,
wie sie am Ufer auf- und abwärts gehn,
mit den Messinstrumenten
in ihren Händen.

Mit Baggern, Feldbahnen, Kippwagen und dergleichen mehr
fielen sie alle über mich her.
So fing das Sterben damals an,
ich frag´ mich noch heut: Was hab´ ich euch getan?

Dass jeder Baum seine eig´ne Seele hat,
wer von euch hat je daran gedacht?
Ihr habt uns vergewaltigt und geschändet,
die alte Glonn hat seither ihr Gesicht verändert.

Vor hunderttausend Jahren und noch weit mehr,
nach der Eiszeit kam ich ins schöne Tal hierher,
Mir wurde es Heimat - diese Stille und Schönheit, jetzt ist sie dahin
nun müßt ihr mich nehmen, so wie ich bin.

Die gute und so schöne Zeit,
sie ist und bleibt Vergangenheit.
Es klingt wie im Märchen, gar reich an der Zahl
so auch für mich, die alte Glonn - ... es war einmal!
Ferdinand Ostermair, Petershausen

Das Lied vom Glonntal

Wo an der stillen, grünen Glonn
Das reife Ährenfeld mir winkt,
Wo jubelnd hoch zur goldnen Sonn'
Die Lerche ihre Lieder singt,
/:Da ist die liebe Heimat mein
Im schönen Bayernland;
Da ist mein schönes Glonnertal,
Wo meine Wiege stand. :/

Wo satte Wiesen, grüner Klee,
Der dunkle Wald von Ferne grüßt,
Wo ich die hellen Häuser seh',
Das Gärtlein voller Blumen sprießt
Da ist die liebe Heimat mein .....

Wo Kinderlärm vom Bauernhof
Beim Spiel durchs ganze Dorf hinschallt,
Die Bäurin heiß am Herde kocht,
Der Knecht mit seiner Peitsche knallt,
Da ist die liebe Heimat mein .....

Wo stolz der Bauer eigene Erd'
Bebaut mit Müh' und vielem Fleiß,
Wo deutsche Sitt' und Brauch geehrt,
Dem Vaterland zu Ruhm und Preis:
Da ist die liebe Heimat mein .....
Ihr habt uns vergewaltigt und geschändet,
die alte Glonn hat seither ihr Gesicht verändert.

Vor hunderttausend Jahren und noch weit mehr,
nach der Eiszeit kam ich ins schöne Tal hierher,
Mir wurde es Heimat - diese Stille und Schönheit, jetzt ist sie dahin
nun müßt ihr mich nehmen, so wie ich bin.

Die gute und so schöne Zeit,
sie ist und bleibt Vergangenheit.
Es klingt wie im Märchen, gar reich an der Zahl
so auch für mich, die alte Glonn - ... es war einmal!
Mündlich überliefert, Pfaffenhofen a. d. Glonn
Der Jedenhofener Weiher um 1969 Herr Mayr berichtet, was am Unglückstag geschehen ist.

Die Geschichte der Rita Mayr, Pasenbach

Geboren am 29.12.1944 in Pasenbach als zweites Kind von Georg Mayr, Pasenbach, und seiner Frau Marie, geb. Kron aus Öttingen
Gestorben am 04.06.1956 mit knapp elfeinhalb Jahren

Der 04.06.1956 war ein heißer, schwüler Sommertag. Wie immer an warmen Tagen gingen die Vierkirchner Kinder an den abgeschnittenen Glonnarm nördlich der großen Eichen in Jedenhofen zum Baden. Es waren Schulkinder im Alter von ca. 8 bis 14 Jahren, die älteren mussten ja arbeiten. Da es hier in der Gegend kein Schwimmbad gab, konnten die Vierkirchner Kinder nicht schwimmen. Nur Rita und ihr großer Bruder Karl, die regelmäßig bei den Verwandten der Mutter in Öttingen (Nördlinger Ries) Ferien machten, hatten im dortigen Freibad schwimmen gelernt.

Damals gingen die Kinder mit aufgeblasenen Autopneus schwimmen. Man hielt sich am Reifen fest und paddelte hinterher, wenn man den Halt verlor. 25 bis 30 Kinder waren am Weiher. Gegen 16.00 Uhr fuhr Karl, damals 12 ½ Jahre alt, mit seinen großen Freunden auf dem Fahrrad nach Asbach ans Glonnwehr. Hier konnte man vom Wehr herunter springen und seinen Mut beweisen. Bald darauf wollte Rita heim. Sie war schon fertig angezogen und auf dem Weg zu ihrem Fahrrad an der Straße.

Da passierte es. Zwei Mädchen waren mit einem Autoreifen bis in die Mitte des Weihers geschwommen, als der Reifen sich plötzlich quer stellte und davon hüpfte. Die Mädchen hatten keinen Grund mehr und paddelten in ihrer Not verzweifelt. Da der Reifen zu weit abgetrieben war, konnten sie ihn nicht erreichen. Andere Kinder schrien Rita hinterher, die sofort umkehrte und in voller Bekleidung ins Wasser sprang. Sie erfasste eines der Mädchen und schaffte es an Land, wo es ohnmächtig liegen blieb. Dann ging sie wieder in den Weiher, um ihre Freundin Monika zu retten. Diese war voller Panik im tiefen Wasser. Als Rita in ihre Nähe kam, klammerte diese sich verzweifelt an ihr fest. Leider erfasste sie dabei den Hals ihrer Retterin, die nun selbst keine Luft mehr bekam und beide Mädchen ertranken im Weiher.

Die Kinder gingen bedrückt heim. Jemand rief den Krankenwagen, der das Mädchen, das gerettet wurde, ins Krankenhaus nach Indersdorf brachte. Es konnte nach einige Tagen ohne körperliche Spätschäden entlassen werden.

Karl, ihr Bruder, kam ahnungslos vom Baden in Asbach heim und wollte beim Kramer Großmann noch etwas einkaufen. Frau Großmann fragte ihn, ob Rita schon daheim sei. Karl meinte, er sei noch nicht zu Hause gewesen. Da berichtete Frau Großmann, dass die Leute erzählten, Rita sei beim Schwimmen ertrunken. Eine Kundin ging gemeinsam mit Karl zu seiner Mutter und erzählte, was Rita vermutlich zugestoßen sei.

Gegen 19.00 Uhr fuhr Karl dann mit seinem Vater hinaus zum Weiher. Die Polizei war inzwischen auf dem Fahrrad aus Petershausen angerückt. Polizeitaucher waren auf der Suche nach den beiden Mädchen. Man stellte fest, dass der Weiher 7 bis 8 Meter tief ist. Da bis zum Einbruch der Dunkelheit niemand gefunden war, fuhren Karl und sein Vater wieder heim. Erst spät in der Nacht fand man die tote Monika, jedoch keine Spur von Rita.

Am nächsten Tag machten sich ihr Vater und Helfer aus Vierkirchen wieder auf die Suche. Da man kein Geld für einen weiteren Polizeieinsatz mit Rettungstauchern hatte, nahm man ein Ruderboot und eine sehr lange Stange mit einem Haken. Schließlich glückte es Herrn Jahnke am Vormittag, mitten im Weiher einen Träger des Kleides zu fassen und so konnte er Ritas Körper herauf ziehen. Man bettete ihn auf einen Heuwagen und deckte ihn zu. So transportierte man das Mädchen mit Pferd und Wagen zurück nach Pasenbach. Dort hatte der Schreiner eiligst einen Sarg gezimmert und weiß gestrichen. Rita wurde hineingelegt, konnte sie aber noch nicht zum Aufbahren transportieren, da die Farbe noch feucht war. Am Donnerstag, den 07.06.1956, wurde sie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung bei strömendem Regen in Pasenbach beigesetzt. Es war nur am Montag schönes Wetter gewesen, seither hatte es die ganze Zeit geregnet.

Posthum wurde Rita Mayr die Lebensrettungsmedaille des Freistaats Bayern verliehen. Eines Tages rief jemand aus dem Ministerium an und bestellte ihren Vater zum Ministerpräsidenten. Herr Mayr nahm seinen Sohn Karl mit. Die Ministerialen und auch der Ministerpräsident Dr. Högner lobten und bewunderten Karl. Diesem war es sehr peinlich, er wollte sich wehren und das Missverständnis aufklären, schließlich stand ja der Name seiner toten Schwester auf der Medaille. Aber sein Vater wies ihn zurecht und meinte: "Sei staad Bua, die wollen einfach, dass du des warst!"

Im Jahr 1958 wurde am alten Vierkirchener Schulhaus, das jetzt als Musikheim genutzt wird, eine Gedenktafel für Rita angebracht. Im Rahmen eines Projekts der Grundschulklasse 3b bzw. 4b (Schuljahre 2001/02 und 2002/03) in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Kultur und Geschichte(n) der Lokalen Agenda 21 wurde die Tafel im September 2002 an die neue Grundschule verlegt.


Die Klasse 4b am 25.09.2002 bei der Feier zur Verlegung der Rita-Mayr-Gedenktafel an die neue Grundschule Vierkirchen (ganz rechts außen Frau Heider vom Agenda 21 Arbeitskreis Kultur und Geschichten)